Mensch bei komplexen Vorgängen nach wie vor der Problemlöser

Claus Zimmermann von Communigate über die richtige Balance zwischen dem persönlichen Kontakt zum Kunden und Self-Service-Angeboten. Entscheidend ist dabei auch, wie mein Kundenstamm aufgebaut ist.

Digitalisierung ist in aller Munde – wird auch der Kundenservice digitaler?
Digitalisierung ist nicht nur in aller Munde, sondern ein gesellschaftlicher Trend: Verbraucher sind in einer Vielzahl an digitalen Kanälen und häufig mit mobilen Endgeräten unterwegs, Insbesondere die dialogorientierte und textbasierte Kommunikation wie Whatsapp und Facebook-Manager ist längst beim Verbraucher angekommen. Zukünftig werden sich aus meiner Sicht somit Chats, aber auch Videokommunikation und Apps weiter durchsetzen und einfache Prozesse digitalisiert werden. Die dadurch im persönlichen Kundenservice neu gewonnene Zeit kann dann verstärkt für Marketing- und Vertriebsthemen sowie zur Kundenbindung genutzt werden.
Dennoch erzeugt jeder Trend auch einen Gegentrend: Gerade im Kundenservice möchten Menschen oftmals nicht nur von Maschinen, sondern von Menschen beraten werden.

Wo machen Bots und Self-Service-Angebote denn dann Sinn?
An erster Stelle steht der Kundennutzen: wenn ein Kundennutzen da ist, machen diese Angebote Sinn. Um das beurteilen zu können, muss ich meinen Kundenstamm gut kennen: habe ich eher ältere oder jüngere Kunden, bin ich regional oder überregional tätig, et cetera.
Bots und SeIf-Service-Angebote machen bei wiederkehrenden Prozessen mit hohen Volumina und immer dann Sinn, wenn sie für den Kunden eine schnelle Problemlösung bringen und den Service-Mitarbeiter entlasten. Bei komplexen Vorgängen ist nach wie vor ein Mensch der Problemlöser Nummer eins, denn eine Maschine schafft es noch nicht, in der Form komplexe, vernetzte Serviceanfragen eigenständig zu beantworten - sie kann hier nur als Unterstützung für den Menschen dienen. Zu beachten ist auch die geringe Fehlertoleranz digitaler Plattformen, zum Beispiel bei menschlichen Eingabefehlern, wie etwa Tippfehler. Oft ist hier dann wieder eine Kommunikation mit Menschen nötig, um das Problem zu lösen. Self-Service-Angebote müssen von der Userführung sehr gut ausgereift und durchdacht sein - also einfach zu bedienen - damit sie den gewünschten Mehrwert bringen.

Persönlicher Kontakt ist den Kunden je nach Komplexität der Anfrage wichtig. Wie finde ich die richtige Balance?
Die richtige Balance ist eine Mischung aus Mensch und Maschine, beziehungsweise abhängig von der Art des Kundenstammes. Regionale Anbieter haben ein begrenztes Kundenfeld. Ein Großteil des Kundenservices spielt sich persönlich vor Ort beim Energieversorger oder per Telefon ab. Bei überregionalen Anbietern ist es umgekehrt: hier sind die Kunden eher in Online-Portalen unterwegs und sind wechselwilliger. Trotzdem verlaufen die Prozesse in Online-Portalen nicht immer reibungslos. Dann ist wieder der persönliche Kontakt wichtig und muss gewährleistet sein - Stichwort: Beschwerdemanagement.

Welche Themen sind bei der Tarifberatung zu beachten?
Auch hier gibt es von Energieversorger zu Energieversorger starke Unterschiede. Kleine, meist regionale Versorger bieten nur wenige Tarife an. Überregionale Versorger bieten eine Vielzahl, hier werden die Tarife immer individualisierter und maßgeschneiderter. Die Aufgabe des Service-Mitarbeiters ist es, dazu kompetent und schnell beraten zu können und die Komplexität im Tarifdschungel für den Verbraucher abzufangen.

Welche Maßnahmen sind Ihres Erachtens besonders wichtig, um die Zufriedenheit beim Kunden zu erhöhen?
Zum einen muss ich eine hohe Erreichbarkeit sicherstellen - kein Kunde möchte lange in der Warteschleife hängen. Im nächsten Schritt sollten die Mitarbeiter das Kundenanliegen schnell annehmen und erfassen können. Sie sollten zudem komplexe Themen erklären können und ganz wichtig: immer freundlich und empathisch reagieren. Wenn dann der Vorgang auch noch fallabschließend bearbeitet wird, ist der Kunde in der Regel zufrieden.
Um diesen Idealzustand erreichen zu können, ist ein enger, permanenter Austausch zwischen Kundenservice und Energieversorger unabdingbar, denn der Kundenservice hat das Ohr am Markt und kann dabei Verbesserungspotenziale gut herauskristallisieren. Bei einem regelmäßigen Austausch mit dem Energieversorger können diese Potenziale dann auch schnell umgesetzt werden. (mwi)
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