Kundendialog mit Win-Win für alle drei Beteiligten

Callcenter Die Servicetätigkeiten von EVU und Dienstleister müssen wie Zahnräder ineinandergreifen.
Erst dann erhält man einen für die Energiekunden optimierten Service bei gleichzeitiger Kosteneinsparung.

Teile des Kundendialogs an ein Service-Center auszulagern, kann für Energieversorger sinnvoll sein. Doch wie baue ich als EVU die Beziehung zum Dienstleister professionell auf, und wie binde ich ihn optimal ein?
Wichtig ist ein strukturiertes Vorgehen: Basis für eine gelungene Zusammenarbeit bildet dabei, dass der Auftraggeber die Erwartungen und seine Ziele klar formuliert. Neben Service-Level und Erreichbarkeit sind hier vor allem die Anforderungen an die Qualität sowie die Philosophie im Kundenservice entscheidend. Auf Grundlage der Erwartungen führt der Dienstleister danach eine Analyse durch. Darauf aufbauend lassen sich dann Schulungskonzepte, Qualitätssicherungskonzepte, Arbeitsprozesse und lT-Struktur entwickeln. Im Rahmen eines strukturierten Projektplans werden die einzelnen Phasen aufeinander abgestimmt zur operativen Umsetzung gebracht.

SERVICE WEITERENTWICKELN
Als wesentlicher Erfolgsfaktor für die Zusammenarbeit spielen abgestimmte Prozesse eine Rolle. Fest definierte Arbeitsprozesse sind die Basis für gelungenes Outsourcing, die Qualitätsmessung und künftige Prozessoptimierungen.
Zuerst muss allerdings entschieden werden, welche Aspekte des Kundendialogs das EVU mit eigenen Mitarbeitern abdecken sollte, und welche Aufgaben ein externes ServiceCenter übernehmen kann. Oberstes Ziel sollte es immer sein, den Kundenservice weiterzuentwickeln.
So bietet es sich an, Massenprozesse wie Rechnungslauf, Zählerstanderfassung und Stammdatenänderungen auszulagern, um die eigenen Mitarbeiter für neue oder komplexere Serviceleistungen einzusetzen. Die ausgelagerten Massenprozesse können von einem externen Dienstleister mit geschulten Mitarbeitern kompetent durchgeführt werden und das bei gleichzeitiger Kosteneinsparung für den Energieversorger.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass EVU den Second-Level-Service, also etwa das Mahnwesen und Ratenzahlungspläne in der Verantwortlichkeit eigener Mitarbeiter belassen sollten. Ebenso die sensibleren Sozialverträge mit Arbeitssuchenden und Rentnern.

ERREICHBARKEIT SICHERSTELLEN
Grundsätzlich ist es zudem sinnvoll, sich als Energieversorger das Prozess Know-how im First- und Second-Level nicht aus der Hand nehmen zu lassen, sondern alle Prozesse selbst zu beherrschen. Nur so kann eine professionelle Steuerung der internen und externen Bereiche sichergestellt werden.
Standardisierte Prozesse im First-Level können leichter ausgelagert werden, da die Prozesse klar abgrenzbar sind. Das kann sinnvoll sein, um Kosten zu sparen, Risiken wie Krankheit und Urlaub auszulagern und auch bei Peaks Service-Level und Erreichbarkeit zu gewährleisten. Denn um Erreichbarkeiten und Service sicherzustellen, können professionelle Dienstleister durch einen leerzeiten-optimierten Service kostengünstig produzieren. Der Energieversorger muss für den gleichen Service unverhältnismäßig viele Mitarbeiter vorhalten, die zu normalen Zeiten schlecht ausgelastet sind.
Der Second-Level-Service ist stark geprägt durch energiewirtschaftliches Know-how in der Tiefe und sollte sinnvollerweise durch langjährige Mitarbeiter des Unternehmens betreut werden. Die Auslastung spielt hier nur eine untergeordnete Rolle. Es handelt sich um Kernkompetenzen der EVU.
Um den Kundendialog eines Energieversorgers optimal zu ergänzen, ist demzufolge die Auslagerung des First-Level-Services zu empfehlen. Dabei übernimmt das Service-Center für alle angebotenen Sparten — zum Beispiel Strom, Gas, Wasser, Abwasser und Wärme — folgende Inbound- und Outbound-Aufgaben: Erfassung von Standortänderungen und Umzügen, Bearbeitung von Anfragen zu Rechnungen und Abrechnungen, Angebotsberechnung, Zählerstandserfassung und -abfrage, Telefonzentralenservice, Postservice und Rechnungsversand. Haben die Energieabnehmer ein Problem oder eine Frage, rufen sie die angegebene Hotline an und werden dann - im Namen des EVU - von einem Service-Center-Mitarbeiter beraten. Dabei identifizieren sich die Mitarbeiter komplett mit dem Energieversorger und betrachten sich selbst als dessen Mitarbeiter.
Eingehende Mails beantworten die Agents über ein mit dem Auftraggeber gemeinsames E-Mail-Postfach. Mit Hilfe des Computersystems SAP oder der Software von Wilken können sie unmittelbar auf Kundendaten zugreifen, Informationen einsehen und in Echtzeit die gewünschten Anpassungen im System vornehmen, selbstverständlich unter Berücksichtigung strikter Datenschutzrichtlinien.
Die Kunst besteht darin, die Prozesse zwischen EVU und Dienstleister sehr gut abzustimmen. Erst dann erhält man einen für die Energie-Kunden optimierten Service bei gleichzeitiger Kosteneinsparung. Die Service-Tätigkeiten von Energieversorger und Dienstleister müssen wie Zahnräder ineinander greifen.
Um dies zu erreichen, wird zu Beginn der Zusammenarbeit als erstes der Bedarf des Energieversorgers ermittelt und die Ziele definiert. Das können bestimmte Service-
Level sein, eine gewünschte Erreichbarkeit, oder die fallabschließende Bearbeitung der Kundenanliegen. Auf Grundlage dieser Zielvorgabe entwickeln die Partner ein Konzept zur Umsetzung und legen alle dafür notwendigen Prozesse fest.

QUALITÄT IM DAUERCHECK
Dann wird das Konzept bei Auftragnehmer und -geber fachlich und technisch implementiert, auf alle vereinbarten Funktionen hin getestet — und schließlich gestartet. Läuft der First-Level-Service, dokumentiert der Dienstleister unmittelbar alle Kunden- reaktionen und erstellt regelmäßig Reportings für den Auftraggeber. Die Prozesse werden anhand von Soll-Ist-Vergleichen stetig optimiert, denn nur ein gut funktionierender Qualitätsmanagement-Kreislauf sichert eine dauerhafte Qualität.

Im konkreten Beispielfall entstehen auf Grundlage der abgestimmten Rahmenparameter sowie der vorgegeben Prozesse und Prozesszeiten wöchentliche Auswertungen. Durch Qualitätsstichproben stellt der Dienstleister sicher, dass inhaltliche und zeitliche Vorgaben eingehalten werden und bei Abweichungen nimmt er regelmäßig Nachschulungen vor. Die inhaltliche Bewertung erfolgt anhand eines speziellen Qualitätsfragebogens.
Im Rahmen der regelmäßigen Auswertungen ergeben sich Verbesserungsvorschläge, wie beispielsweise eine Verkürzung der Prozesse. Ein weiterer Vorschlag kann darin bestehen, das Kundengespräch durch zielgerichtete Gesprächsführung zu optimieren und so schneller zu einer Lösung zu gelangen. Oder durch Auswertung der Kundenreaktionen Marketing und Vertriebsunterlagen so zu optimieren, dass solche Reaktionen vermieden werden.

FACHLICHES NIVEAU HALTEN
Ebenfalls ausschlaggebend für den Erfolg des First-Level-Services: Die Service-Center-Mitarbeiter müssen mit den für sie relevanten Abläufen und Fachbegriffen der Energiebranche bestens vertraut sein. Ein souveräner und kompetenter Umgang mit den Anfragen von Energie-Kunden setzt eine fachliche, technische und kommunikative Schulung der Mitarbeiter auf hohem Niveau voraus. Und da das Wissen in jeder Hinsicht stets auf dem aktuellen Stand gehalten werden soll, sind regelmäßige Nachschulungen wichtig.
Weitere Leistungen, die sinnvoll an einen externen Dienstleister ausgelagert werden können, sind Kundenzufriedenheitsbefragungen über Outbound-Telefonie oder Vertragsumstellungen, die von In- und Outbound-Aktionen begleitet werden.
Eine strukturierte und individuell auf die Bedürfnisse des Energieversorgers abgestimmte Herangehensweise, eine hohe fachliche und technische Kompetenz in allen Belangen sowie eine dauerhafte, partnerschaftliche und offene Kommunikation zwischen EVU und Dienstleister führen letztendlich zum Erfolg — für den Energiekunden, das Unternehmen und den Dienstleister.